. . . ante portas, personae non gratae, hic rhodos, hic salta!, vae victis, summa summarum, pecunia non olet, postscriptum . . . 


ante portas

 Colonia Claudia Ara Agrippinensium,
Montag, 2. 1. 69 u.Z.

 Alle mussten diesmal früh raus, noch vor der Frühbesprechungmit dem Praefekten. Der hatte von der koordinierenden Stelle bei Nobiseine komplette Liste aller im Spiel verfügbaren Bildhauer und Steinmetzeerwirkt und sie über Fumiko an uns verteilt. Jeder hatte ein Viertelplus Vorstadt und eine Stunde Zeit, die entsprechenden Leute abzuklappern.Ich hatte die Regio I, wo sich die meisten Künstler die südlicheTempelmeile entlang ballten, hatte dafür aber auch die kürzestenWege. Bei zweien wurde ich fündig, beides Selbstläufer, dochsprangen beidemal nur nichtssagende und unbedeutende Reliefszenen mit dionysischenMotiven heraus, die offensichtlich für die Seitenwände des großenGrabmals gedacht waren.
   Aber immerhin.
 Unsere Vermutung bestätigte sich, dass nämlich AntonSchmitz gestern früh, noch bevor sich unsere Wege am Nordtor kreuzten,in Windeseile puzzleartige Einzelanweisungen für ein riesiges Grabmal,ähnlich dem berühmten des Poblicius über die ganze Stadtverstreut hat und auf diese Weise uns oder sonst jemandem einen deutlichen,wenn auch arbeitsintensiven Hinweis auf seinen drohenden Tod und vielleichtden Mord an Tilling hat geben wollen.
   Jetzt galt es, schnellstens alle Teile zu einem Ding zusammenzutragenund darin ein Geständnis oder aber einen klaren Fingerzeig auf denoder die Mörder zu finden.

  Doch wie wir dann in der Praefektur beieinander sitzen, um alleFundstücke zusammenzuwerfen, müssen wir leider feststellen, dassder wichtigste Teil, nämlich die Inschrift, immer noch fehlt. AußerFumiko und ihrem Anhang sind vier weitere Männer anwesend. In derFigur des Fabius Valens stellt sich uns Dr. Sandro Cellini, ein italienischerGeneral a.D. und begeisterter Hobbyarchäologe vor. Er hat sich anscheinendam Sylvesterabend mit Mishima angefreundet, denn beide begegnen sich mitausgesprochen herzlichem Respekt. Zwei unscheinbare römische Militärtribunenentpuppen sich als ein Mr. McPhee und Mr. Hastings, beides hohe Tiere vonInternetpol. Der vierte Mann, im Spiel ein langhaariger Verteter des ubischenHochadels, heißt eigentlich Dr. Steen, ist Leiter der Forschungs-und Entwicklungsabteilung von Nobis und somit direkter Chef von Karlo undseinen Jungs.
   Wir überprüfen schon zum drittenmal die Liste,aber es fehlt nur ein Bildhauer, den Toshiro vorhin nicht erreichen konnte.Er wird noch einmal losgeschickt, hat ihn diesmal auch angetroffen, mußaber dennoch mit leeren Händen wieder zurückkommen. Jasuiro bekommtin diesen Minuten soviele vorwurfsvolle Blicke ab, dass er seine Arme undSchultern, die er zu einer dieser »Tut-mir-leid«-Gesten erhobenhatte, überhaupt nicht mehr herunterbekommt.
   Doch keinem von uns will einfallen, was vielleicht übersehenworden war oder wo wir noch nach der Inschrift suchen könnten.
   »Es nützt alles nichts. So kommen wir nichtweiter«, beendet der Praefekt einfach diesen Punkt.
   »Was dieses virtuelle Grabmal anbetrifft, werdenwir auf Meister Zufall warten müssen. Wichtiger scheint mir im Augenblickdie Wahl der richtigen Strategie für den heutigen Tag, sonst werdendie Legionen vor der Stadt bis heute abend alles in Schutt und Asche gelegthaben. Und aus istŐs mit dem schönen Sommerspiel. Also mal sehen,was haben wir bis jetzt?«
   Der Praefekt blickt unwillig auf die Pergamente fürdas Grabmal, die immer noch auf dem Tisch liegen, den wir alle etwas ratlosumrunden.
   »Räumt das doch bitte mal weg. Wir haben diesesNeusser Sommerlager mit seinen vier Legionen, die jetzt vor Dormagen stehen.Wir haben durch Oskar und Fumiko die Möglichkeit, denen die gleichenKopien entgegenzustellen. Erstmal die Frage an Sie, Herr Steen. Geht dasvon Ihnen aus? Wie kann das technisch aussehen, und vor allem, wie schnell?«
   Steen räuspert sich.
   »Prinzipiell sehe ich da keine Schwierigkeit. Wirmüssen nur den genauen Orts- und Zeitpunkt definieren. Und was nochwichtiger ist, wir müssen entscheiden, ob wir die Selbstläufernochmal kopieren oder einfach so, wie sie da stehen, rüberbeamen wollen.«
   Er sieht unsere fragenden Blicke.
  »Nicht klar, nicht? Nun, der Effekt wäre so ziemlichderselbe, nur dauert das Kopieren eine ganze Ecke länger. FürsBeamen bräuchte ich nur einen Mann daran zu setzen, der auf Kommandodie ganze Datei rüberzieht.«
   »Setzen Sie lieber zwei oder drei Leute an den Rechner,damit der Eine uns nicht noch darüber einschläft. Also abgemacht,wir beamen. Jetzt müssen wir nur noch überlegen, wann und inwelcher Formation. Da ist wahrscheinlich Ihre militärische Erfahrunggefragt, Signore Cellini.«
   Er schaut zu Valens rüber, der sich mit seinen Knöchelnauf die Tischkante stützt und kurz überlegt.
   »Nun, wenn das technisch kein Problem bedeutet undes in erster Linie darum geht, die Soldaten von der Stadt fernzuhalten,finde ich den Vorschlag von den beiden jungen Leuten hier tatsächlichäußerst vernünftig. (Ein Strahlen geht gerade überunser Gesicht) Allerdings brauchen wir für diesen Zweck natürlichalle vier Legionen.«
   »Und warum habt ihr Dumpfbacken nur die beiden Kölnerdahin beordert?« funkelt uns der Praefekt mit übertrieben vorwurfsvollerMiene an, sodass wir vor lauter Schreck automatisch vom Tisch zurückweichen.
   »Jetzt müsst ihr nochmal nach 15 und die zweiXantener Legionen, die V.  ALAUDAE und die XXI. RAPAX zu den beidenanderen stellen.«
   Wo er recht hat, hat er recht.
   »Bevor ihr da reingeht, sollten wir aber erst dieexakte Formation definieren«, fährt Valens fort und winkt einenan der Tür sitzenden Schreibgehilfen heran, der sofort einen großenBogen Pergament sowie Tusche und eine Rohrfeder zum Tisch bringt.
   »Ich schlage folgende Aufstellung vor: Die Hauptmengeder Legionen bauen wir über die ganze Nordseite, direkt hinter denletzten Häusern auf. Ganz vorne sollten acht Reiterabteilungen stehen,das sind schon mal an die 4.000 Mann.
   Nehmen wir dafür ruhig die gallischen, rätischenund germanischen Hilfstruppen, denn die sind am wildesten und am allerwenigstenberechenbar. Dahinter setzen wir mehrere Linien Infanterie und zwischendie ersten beiden stecken wir alles, was wir an Wurfgeschützen auftreibenkönnen.
   Da ja bekanntlich in der Fünften die größtenRüpel und Draufgänger sind, stellen wir die am besten komplettauf die linke Seite bis zur Nordwestecke. Das wären 60 Centurien,also auch etwa 4.000 Mann. Diese Centurien sind ja nie reine Hundertschaften,sondern bestehen meistens nur aus 60 bis 80 Leuten. Rechts davon, bis zumRhein runter kann dann die Einundzwanzigste stehen. So sind wir schon einmalin der Lage, den Norden mit 12.000 Mann zu verteidigen.
   Die Zwanzigste sollten wir aufteilen. Je zwei von denberittenen Alae stellen wir als Flankenschutz an die Nordwest- und Südwesteckeund jeweils 30 Centurien vor die Süd- und Westseite. Das dürftereichen. Vor deren Reihen können ja alle übrigen Reiterabteilungenfrei patrouillieren, auch die von der Ersten. Von der stellen wir dannnoch 20 Centurien Infanterie auf die Mauer, nur zur Sicherheit, falls dochirgendwo eine Gruppe durchkommen sollte. Der Rest, würde ich vorschlagen,kommt in die Boote und kann die ganze Rheinseite abdecken und zur Not vonda aus noch eingreifen. Wieviel Boote liegen da in 15?« wendet ersich an mich.
   »Also, ich hab die nicht gezählt, aber über100 werden das schon sein«, antworte ich ihm.
   Er schüttelt den Kopf und lacht.
   »Ach, soviel können wir ja gar nicht gebrauchen.Soviel ich weiß, sind das diese leichten Liburnen nach Art der Seeräuberschiffeund die haben etwa 160 Mann Besatzung. 70 als Ruderer, ein Dutzend Offiziereund der Rest kommt an die Wurfgeschütze, von wo aus sie Kugeln, brennendesPech oder Kalkbomben zum Blenden abfeuern können. Mehr als zwanzigbrauchen wir davon nicht.
   Vielleicht sollten wir die komplett fertigmachen und heutemorgen schon auf den Rhein in Stand-by-Position bringen und den Rest derFlotte einfach abfackeln. Dann kann auch niemand mehr auf dumme Gedankenkommen.«
   Das klang für alle, die nichts vom Kriegsgeschäftverstanden, und das waren die meisten, alles sehr einleuchtend.
   Der Praefekt nickt und studiert den Plan, den Valens gleichminutiös und übersichtlich mit dicker schwarzer Tusche auf dasPergament gekritzelt hatte.
   »Darf ich Ihnen für das Jahr 15 vielleichtdie Gestalt des Militärlegaten Caecina anbieten, dann könntenSie die Aufstellungen gleich selbst an Ort und Stelle in die Hand nehmenund überprüfen«, fragt er den Valens.
   »Vielen Dank, aber ich wollte eigentlich dem historischenProtokoll gemäß als Fabius Valens mit den Bonner Reitern hierin Köln erscheinen. Könnten Sie nicht die Funktion des Caecinaübernehmen?«
   »Hm. Na gut«, meint der bloß und zuuns gewandt:
   »Da ihr so schön vorgearbeitet habt, dürftihr ruhig euren Germanicus und die ältere Agrippina behalten. Ihrbraucht ja nicht in vorderster Linie zu stehen.« Wunderbar.
   »Kann ich den Cassius Chaerea haben«, fragtToshiro ungeduldig. Valens lacht und ist wohl der einzige, der den kennt.
   »Ist das nicht dieser wilde Draufgänger, derspäter dann als Praetorianertribun den Kaiser Caligula umgebrachthat?«
   Genau der ist das.

   In einer Stunde würden wir Mishima in der Gestaltdes Caecina in den frisch aufgeschlagenen Principia der ersten Legion draußenvor der Stadt treffen. Zunächst musste jedoch eine Abordnung ins NeusserLager geschickt werden, die die beiden Legionen aus dem dortigen LagerCastra Vetera nach Köln in Bewegung setzt. Wir hatten fast gleichzeitigGermanicus und Agrippina in ihrem Schlafzimmer beim Ankleiden vorgefundenund ich scheuche aus vollem Hals bellend das kleine Ekel Caligula raus,der wie ein Zombie um uns herumlief. Ich kann ihn nicht ausstehen.
   Mit vier Wachen machen wir uns auf zum Nordturm, der zwargenauso alt, allerdings mit seinen zehn/elf Metern etwas kleiner ist alsder Leuchtturm im Süden, dafür aber einen hübschen dickenZwiebelaufsatz hat, unter dessen Schutz durch einige Luken der Blick aufdie Gegend freiliegt. Wir orten die Kneipe von gestern abend wieder, allerdingsohne den Fachwerkaufbau und noch als Atriumhaus mit offenem Dach. Wir blickenin die von der Morgensonne angewärmten oberen Sitzreihen des Amphitheatersund gleich dahinter in den gruftartigen Anbau der kleinen Bühne fürMusik und Schauspiel. Die Gladiatorenschule gibt es bereits als Barackenbauund nicht weit davon liegt das Bestiarium, wo in dem Hof mit den Zwingernund Gehegen in unscharfen Bewegungen Bären, Auerochsen, Wölfeund kleine Wildpferde zu erahnen sind.
   Fumiko stützt sich auf die schmale Holzbrüstungmit dem üblichen Diagonalkreuz darunter und zeigt auf den Tierhof.
   »Wenn wir etwas mehr Zeit und Ruhe finden, solltenwir da mal reingucken. Ich meine, nicht als Besucher, sondern direkt inden Tieren.
   Ich würde dich gerne mal als Bär erleben. Tapsigund stinkend und ungelenk. Oder als wilden Stier, der mir auf den Rückenschnaubt. Oder als grunzendes Wildschwein.«
   Sie lacht und schlingt die Arme um meinen Hals.
  »Ich hab sehr wohl gemerkt, dass du gestern eifersüchtigwarst. Aber schlag dir solche Gefühle aus dem Kopf, das hat keinenSinn. Toshiro und Jasuiro kenne ich seit frühester Kindheit und siesind meine besten Freunde. Mach also nicht kaputt, was du du doch nie ändernkönntest. Ja?«
    Ihre Augen schillern schwarz und plötzlichfremd und scheinen mehr zu sagen als zu fragen.
   »Du hast recht. Tut mir leid, aber ohne diese kleineEifersuchtsattacke hätte ich wahrscheinlich nichts gehabt, was ichdiesem Gladiator hätte auf die Nase donnern können.«
   »Wenn du sowas in Zukunft nicht lässt, verwandleich dich nächstes Mal in einen hässlichen struppigen Esel, Lucius,und scheuche und prügle dich durch die Gegend. Oder in ein Huhn unddann picke ich dir solange auf den Kopf, bis du auf andere Gedanken kommst.Verstanden?«
   Wir lachen und schicken erstmal die zwei Wachen, die unsauf die Plattform begleitet haben, herunter und schließen die Tür.

   Der ganze nördliche Horizont bläst weißeStaubwolken in einen milden Frühlingshimmel, der für anderesgemacht scheint als fürs Kriegspielen. Wir bringen unsere Kleidungwieder in Form und drehen uns über die schweren Steinquader im dunklenTurm nach unten.
   Auf dem Appellhof oberhalb unserer Wohnung warten schoneine Handvoll junger Militärtribunen und ein Dutzend Berittener mitunseren beiden Pferden. Beim Ritt heraus aus der Stadt hatte ich diesmalschon keine Angst mehr, so einfach mir nichts dir nichts vom Pferd zu fallen.
   Die Legionäre knubbeln sich wie die Zinnsoldatenin rechteckigen Formationen, die Augen geradeaus nach Norden gerichtet.Wir reiten bis kurz hinter das improvisierte Feldherrnzelt der Ersten,in dem Mishima schon warten müsste. Wir steigen ab und lassen diePferde in eine Koppel nahebei schaffen und uns von den Wachen ums Zeltherum führen. Wir können nicht anders, wir müssen beidelächeln, wie uns ein strammer Sechziger mit hartem etruskischen Schädelentgegeneilt und einen männlich festen Händedruck schenkt. Stehtihm gut, diese Figur so in voller Montur.
   Er lächelt ebenfalls und meint zu mir:
   »Ich hoffe doch, du hast nicht vor, nachher eineflammende Rede als Oberbefehlshaber zu halten. Ich fürchte, wir habendafür zuwenig Zeit. Kommt rein.«
   Auf dem großen Tisch liegt eine Abschrift von CelliniŐsSkiz-ze.
   »Werden Sie gleich die Aufstellung vornehmen?«
   »Das habe ich vor, sobald die Xantener hier sind.Ich schätze, eine halbe Stunde bleibt uns aber noch.«
   Er winkt nach dem Adlerträger an der Zeltrückwandund schickt ihn mitsamt den herumstehenden Tribunen heraus. Nur den diesjährigenLegionslegaten Caetronius von der I. und den senatorischen LegionstribunNovellius Atticus hält er zurück, denn in denen stecken Jasuiround McPhee, wie er uns erklärt. Wir rücken uns einige Hockerzusammen, die fast wie alte Regisseurstühle aussehen.
   »Ich bin noch gar nicht dazu gekommen, euch vonmeinem Treffen gestern abend zu erzählen«, beginnt Mishima.
   »Auf ihre eigene Bitte hin habe ich mich mit derWitwe von Paul Tilling getroffen, einer wirklich bemerkenswerten Frau.Sie bewohnt hier im Spiel ein kleines, aber sehr schön ausgebautesAtriumhaus, von dessen oberer Terrasse man einen herrlichen Blick auf denRhein hat, direkt am Venustempel vorbei. Sie ist auch hier eine Witwe,allerdings eine stolze römische.
   Sie hat mir viel von ihrer Ehe mit Tilling erzählt.Mit stoischer Gelassenheit hat sie jahrelang die zeitweiligen homo-sexuellenEskapaden ihres Mannes ertragen und dabei immer den Schein gewahrt. AberTilling war wohl nie sonderlich exzessiv, also war das nie so schlimm.
   In letzter Zeit sind ihr jedoch massive Veränderungenaufgefallen. Zuerst war er auf einmal locker, aufgeräumt und unternehmenslustigwie schon lange nicht mehr, danach versank er in gedrückter schlechterLaune und wirkte manchmal regelrecht depressiv. Doch leider hatte er niemalsden Mut besessen, sich ihr zu offenbaren. Das lag wohl auch daran, dasssie ihm nie gestanden hat, über seine Bisexualität unterrichtetzu sein. Er glaubte wohl nach wie vor, diese Seite seines Lebens vor ihrgeheim halten zu müssen. Ich kann mir gut vorstellen, wie schwierigeine solche Situation für beide sein mußte.
   Jedenfalls, als sie nach dem Tod ihres Mannes seine Sachendurchsuchen mußte, um die nötigen Begräbnis- und Erbschaftsangelegenheitenzu regeln, fiel ihr eine Videokassette in die Hände, ein Zusammenschnitt,der Tilling in verschiedenen eindeutigen Situationen zeigte, darunter vorallem Szenen mit Schmitz. Was das anbetrifft, so sind die uns zu Ohrengekommenen Gerüchte also bestätigt. Sie hat lange überlegt,was sie damit anfangen sollte. Es hat sie einige Überwindung gekostet,mit dem Ding zu mir zu kommen und hätte das sicher gern weiter stillfür sich behalten, wenn da nicht eine merkwürdige Warnung ihresMannes in ihrem Hinterkopf herumgespukt wäre, die jetzt für sieeinen neuen Sinn bekam.
   Er hatte einmal gesagt, wenn er mal nicht mehr sei, sollesie sich vor Hermann Platz in acht nehmen. Wie er das denn meine, habesie ihn gefragt, aber er sagte nicht mehr als: >Nimm dich vor Hermann inacht!< Das Video hätte sie am liebsten sofort vernichtet, abersie hatte halt den berechtigten Verdacht, dass dieser Platz ihren Mannerpresst habe. Das eigentlich Tragikomische ist nur, und sie wusste wirklichnicht, ob sie darüber lachen oder weinen sollte, dass es nichts, wassie anbetraf, zu erpressen gab. Sie war übrigens eine reife, sehrattraktive Römerin.
   Wirklich eine sehr bemerkenswerte Frau.«

    Vor dem Zelt hatten sie eine Holztribüne aufgebaut,von der aus man den großen freien Platz vor sich hatte. Als das erwarteteHeer schon nahe heran ist, lösen sich etliche Reiter, darunter diewichtigsten Tribunen, Adler- und Fahnenträger sowie einige Centurionen.
   Genau die brauchte Mishima und schickt nach den entsprechendenLeuten aus den Kölner Legionen. Sobald sie alle vor der Tribüneangetreten waren, besteigen wir die Plattform und ich komme mir sehr merkwürdigvor als Statist vor soviel Soldaten, auch wenn es nur Selbstläufersind. Ich muß Mishima ehrlich bewundern, mit welcher Souveränitäter die Ansprache formuliert, die mit Cellini abgesprochenen Aufstellungenbekanntgibt und auch die minutiösen Anweisungen für die Miniflottenicht vergißt.
   Ein leichtes Drehen in der Magengegend macht mir klar,dass es nun langsam ernst wird.


Copyright © 1999 by Hartmut Zaender, Köln, Nachdruck zu ausdrücklich privaten Zwecken gestattet