Seminar 2 :

"DREHTÜR"


Ein Zeichenspiel über Traumarbeit und die Logik bewegter Gestalten.


Diese Gruppenübung funktioniert nach ähnlichen Regeln wiedas Kinderspiel "Stille Post". Das motivische Ausgangsmaterialist im Grunde beliebig und so wurde schon mit realen Erinnerungsbildern,Filmszenen und einmal sogar mit der Vorgabe "Astrologisches Zeichen+ Hund" gearbeitet. Wegen der verwandten Dynamik hat sich die Arbeitmit einzelnen Bildern oder kurzen Sequenzen aus eigenen Träumen jedochals die ergiebigste erwiesen.
Die Teilnehmer haben sieben DIN A5-Blätter und zeichnen mit Bleistiftauf das erste ihr eigenes Ausgangsbild, das sie ihrem linken Nachbarn weitergeben.Jeder betrachtet sich das Nach-barbild genau, kopiert es auf seinem zweitenBlatt, wobei Veränderungen erlaubt und gewünscht sind. Diese veränderteKopie wird auf das Original gelegt und wiederum dem linken Nachbarn gereicht,der immer nur das oberste Blatt sehen soll. Diese Schritte werden solangewiederholt, bis es zu jedem Ausgangsbild sechs numerierte Veränderungengibt. Anschließend werden alle Zeichnungen so als Block aufgehängt,daß die Ausgangsbilder entsprechend der Sitzordnung nebeneinanderin der obersten Reihe hängen, die dazu gehörigen Veränderungenjeweils vertikal darunter.
An den entstandenen Bildgeschichten werden zwei Lesarten erprobt und besprochen.Die erste geht der vertikalen Reihe nach und verfolgt die Genese und dasSchicksal visueller Gestalten (nicht immer nur Männekens).
Unter viel Gestaune und Gelächter zeigt sich Archetypi-sches, Brutales,Absurdes und Komisches.
Die Betrachtung versucht, die Bildqualitäten und Gestaltanlagen desersten Bildes zu fassen und in ihren Drehungen und Wandlungen zu begleiten.Auch wenn die in den sieben Blättern formulierte Wendung nur eine vonunzählig vielen möglichen ist, rückt sie doch in der RegelAspekte der Ausgangsbilder heraus, die nicht so zufällig sind wie dieSitzordnung. Bei dieser ausgesprochen morphologischen Betrachtungsweiseläßt sich sehr präzise, besonders auch in der syntaktischenDetailanalyse, die Arbeitsweise seelischer Buchführung aufzeigen.Selbst da, wo ganze Figuren verschwinden, bleibt zumeist die Funktion, diesie im vorherigen Bildzusammenhang innehatten, nachweisbar erhalten. Essoll hier gezeigt werden, daß Bilder zwar einen eigenen, fürsich bestehenden Zusammenhalt herausbilden, aber wie Seelisches sich dynamischnach vielen Richtungen hin entwickeln können.
Die zweite Lesart faßt diagonal die Zeichnungen jeweils eines Teilnehmerszusammen und fokussiert etwas, das sich als individuelle Veränderungsstrategieoder auch als Bearbeitungs-modus bezeichnen läßt. Im direktenVergleich zum Vorgänger wird ein gemeinsamer Nenner für die Eigenartder Behandlung herausgestellt (Addieren, Subtrahieren, Invertieren, Polarisieren,Verstärken, Auflösen u.v.m.)
Zum Abschluß wird noch geprüft, ob sich quer durch alle Veränderungender rote Faden einer eigenen Geschichte oder Problembearbeitung aufzeigenläßt. Solcherart wird sichtbar, wie man gleichzeitig eine kollektiveDynamik in Gang halten und dennoch das Interesse an eigener Entwicklungverfolgen und miteindrehen kann. Danach kann mit diesem Wissen auf den eigentlichenTraum eingegangen und überprüft werden, was die bisherigen Entwicklungssträngezur Erhellung des Traums beitragen können.

auch als workshop auf dem GWG-Kongress "Konkurrenz & Solidarität",Aachen 1995

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